Kapitel 1: Der öffentliche Sektor

 

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Der öffentliche Sektor in Deutschland

Der öffentliche Sektor (siehe Übersicht unten) umfasst rund 6,5 Mio. Menschen. 4,5 Mio. arbeiten im „klassischen" öffentlichen Dienst, beispielsweise beim Bund, in den Ländern oder in der Kommunal- und Gemeindeverwaltung. Zum öffentlichen Dienst zählen auch rechtlich selbständige Einrichtungen in privater Rechtsform mit überwiegend öffentlicher Beteiligung.

Mehr als 1 Mio. Frauen und Männer arbeiten in privatisierten Einrichtungen des Dienstleistungssektors (u. a. Bahn, Post, Telekom, Energie- und Versorgungsbetriebe sowie ausgegliederte Kliniken und Verkehrsbetriebe). Zum öffentlichen Sektor gehören aber auch 1.050Mio. Ruhestandsbeamte, wobei zum Stichtag 1. Januar 2010 bei den Gebietskörperschaften von Bund, Ländern und Gemeinden 746.000 Versorgungsempfänger und 248.000 Empfänger von Hinterbliebenenversorgung (Witwen, Witwer, Waisen) vorhanden waren. Im öffentlichen Dienst arbeiten derzeit mehr als 4,5 Mio. Frauen und Männer, davon sind 2,7 Mio. im Tarifvertragsverhältnis und 1,7 Mio. in einem Beamtenverhältnis beschäftigt. Hinzu kommen noch rund 180.000 Berufs- und Zeitsoldaten.

Gleicher Zugang zu öffentlichen Ämtern

Der Zugang zum öffentlichen Dienst ist durch das Grundgesetz geschützt. Kriterien für eine Einstellung – egal ob als Tarifkraft oder Beamter – sind Eignung, Befähigung und die fachliche Leistung. Der im Verfassungsrecht verankerte Leistungsgrundsatz gilt sowohl für Arbeitnehmer als auch für Beamte. Während es bei Arbeitnehmerpositionen auf die funktionsspezifische Qualifikation ankommt, gelten für die Beamten laufbahnspezifische Qualifikationen als entscheidende Zugangsvoraussetzungen. Prinzipiell sind diese Bedingungen auch von Bewerbern aus anderen EU-Mitgliedstaaten zu erfüllen. Positionen im Kernbereich des staatlichen Handelns sind allerdings deutschen Staatsangehörigen vorbehalten.

Der öffentliche Sektor in Deutschland

 

Grundlagen für den Arbeitnehmerstatus und das Beamtenverhältnis

Für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst gelten hinsichtlich ihrer Einkommens- und Arbeitsbedingungen viele besondere Regelungen. Einer der grundlegenden Unterschiede des Beamtenrechts gegenüber dem Recht von Arbeitnehmern liegt darin, dass es im öffentlichen Dienstrecht weder Tarifautonomie noch Streikrecht gibt. Während das Dienstverhältnis der Beamten einseitig durch den Gesetzgeber festgelegt wird, werden die formellen und materiellen Regelungen des Arbeitnehmerverhältnisses durch die Tarifvertragsparteien – Arbeitgeberverbände und Gewerkschaften – ausgehandelt.

Berufsbeamtentum verfassungsrechtlich verankert

Verfassungsrechtliche Grundlagen des Berufsbeamtentums ergeben sich aus Art. 33 Abs. 4 GG als beamtenrechtlicher Funktionsvorbehalt und Art. 33 Abs. 5 GG als institutionelle Garantie des Berufsbeamtentums. Beide Absätze bilden eine Regelungseinheit und gewährleisten die Einrichtung des Berufsbeamtentums zum Wohle der Allgemeinheit, um die Funktionsfähigkeit des Staatsapparates zu sichern.

Art. 33 Abs. 4 GG legt fest, dass hoheitsrechtliche Befugnisse grundsätzlich nur von Personen in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis ausgeübt werden dürfen – oder anders ausgedrückt: Wer staatliche Macht ausübt, soll dies im Sonderstatus als Berufsbeamter tun, damit seine persönliche Unabhängigkeit und fachliche Qualifizierung garantiert sind.

Art. 33 Abs. 5 GG beinhaltet eine Berücksichtigungspflicht der „hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums" bei der Gestaltung des öffentlichen Dienstes. Dieser Artikel bildet die Ermächtigungsgrundlage des Gesetzgebers zur Regelung des Beamtenrechts. Im Zuge der Föderalismusreform wurde Art. 33 Abs. 5 GG ergänzt. Das Berufsbeamtentum soll künftig nicht nur gesetzlich geregelt, sondern auch „fortentwickelt" werden. Von dieser Regelung erhofft sich der Verfassungsgeber größere Gestaltungsräume. Die Zuständigkeit für das Erlassen von Regelungen für Beamtinnen und Beamte liegt beim Bund und in den Ländern. Die statusrechtlichen Fragen sind für Beamte des Bundes im Bundesbeamtengesetz, für die Landesbeamten im Beamtenstatusgesetz geregelt. Durch die Föderalismusreform können die Länder seit September 2006 auch bei Besoldung, Laufbahnen und der Versorgung eigenständige Regelungen treffen. Dies erschwert bereits nach 5 Jahren die Übersichtlichkeit des bundesdeutschen Beamtenrechts erheblich und lässt mittelfristig kaum noch eine Vergleichbarkeit materieller Regelungen zu. Das Arbeitsrecht gilt auch im öffentlichen Dienst. Wie in der Privatwirtschaft werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages beschäftigt. Dieser Arbeitsvertrag unterliegt den allgemeinen Regeln des deutschen Arbeitsrechts und den spezifischen Regelungen der einschlägigen Tarifverträge. Im öffentlichen Dienst sind in diesen Tarifverträgen nahezu alle wesentlichen Arbeitsbedingungen festgelegt:
- für Tarifbeschäftigte beim Bund und in den Gemeinden gilt seit 1. 10. 2005 der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD). Beim TVöD wird nicht mehr zwischen Angestellten und Arbeitern unterschieden. Es gibt nur noch den Begriff „Beschäftigter".
- für Tarifbeschäftigte in den Ländern gilt seit 1. 11. 2006 der Tarifvertrag Länder (TV-L) und den ihn ergänzenden Tarifverträgen, beispielsweise über die Vergütungstabellen und Einkommensbestandteile.

Der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und der Manteltarifvertrag für Arbeiterinnen und Arbeiter (MTArb) sind durch die beiden Tarifverträge „TVöD" und „TV-L" abgelöst worden (Ausnahme: Berlin und Hessen, da beide Länder nicht mehr Mitglied der TdL sind).

Pflichten und Rechte der Beamten und Arbeitnehmer

Da Beamtinnen und Beamte in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, wird ihnen durch diese Sonderstellung eine Reihe besonderer Pflichten auferlegt, beispielsweise Treuepflicht, Gehorsamspflicht und Dienstleistungspflicht. Diese Pflichten ergeben sich aus den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums. Sie haben dem ganzen Volk und nicht einer Partei zu dienen und ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen. Sie müssen bei ihrer Amtsführung immer auf das Wohl der Allgemeinheit achten.

Die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst haben grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses wie in der Privatwirtschaft. Neben der Arbeitspflicht als Hauptpflicht besteht eine Reihe von Nebenpflichten. Allgemein besteht beispielsweise die Verpflichtung, sich nach besten Kräften für die Interessen seines Arbeitgebers einzusetzen (Treuepflicht). Von Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst wird daneben auch verlangt, dass sie ihr Handeln am Allgemeinwohl ausrichten und ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht erfüllen. Darüber hinaus besteht eine politische Treuepflicht. Darunter versteht man ein durch das gesamte Verhalten dokumentiertes Bekenntnis zu den verfassungsmäßigen Grundprinzipien.

Die Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten können öffentliche Arbeitgeber mit den gleichen Mitteln ahnden wie Arbeitgeber in der Privatwirtschaft, beispielsweise durch Missbilligung oder eine Ermahnung. Für eine Abmahnung gelten allerdings besondere Formvorschriften.

Der Arbeitgeber muss in einer für die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer hinreichend deutlich erkennbaren Art und Weise die Leistungsmängel beanstanden. Die Abmahnung kann beispielsweise mit dem Hinweis verbunden werden, dass im Wiederholungsfall der Inhalt und der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet sind. Die schärfste arbeitsrechtliche Sanktion stellt die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Kündigung dar.

Beendigung des Beamten- oder Arbeitsverhältnisses

Das Beamtenverhältnis kann aus mehreren Gründen enden. Ein Fall ist die Entlassung auf Verlangen des Beamten oder der Verlust der Beamtenrechte bei rechtskräftiger Verurteilung wegen einer vorsätzlichen zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr, Weitere Tatbestände ergeben sich aus den Beamtengesetzen des Bundes und der Länder. Der Normalfall und häufigste Beendigungsgrund ist jedoch der reguläre Eintritt in den Ruhestand, beispielsweise bei Erreichen der Altersgrenze oder Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.

Im Gegensatz zu „Beamten auf Lebenszeit" sind Tarifkräfte im öffentlichen Dienst nicht lebenslang angestellt. Bei einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren und nach Vollendung des 40. Lebensjahres können Tarifbeschäftigte bei Bund, Ländern und Gemeinden jedoch nicht mehr „ordentlich" gekündigt werden. Für alle anderen Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst kann das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet werden. Bei einer solchen Maßnahme ist allerdings der zuständige Personalrat zu beteiligen. Versäumt es der Arbeitgeber, die Personalvertretung bei einer Kündigung ordnungsgemäß zu beteiligen, ist die Kündigung unwirksam. Bei der Kündigung unterscheidet man zwischen der „ordentlichen Kündigung" und „außerordentlichen (fristlosen) Kündigung". Die Unterscheidungen beziehen sich auf die Kündigungsfrist und den Kündigungsgrund.

Einen besonderen Kündigungsschutz genießen auf Grund gesetzlicher Regelungen beispielsweise Wehrdienstleistende, Schwangere, Schwerbehinderte und Mitglieder von Personalvertretungen. Ein besonderer Kündigungsschutz kann aber auch in Tarifverträgen vereinbart werden. Dabei können durchaus auch Einzelfragen unter einen besonderen Schutz gestellt werden, beispielsweise für Betroffene von Rationalisierungsmaßnahmen. Im öffentlichen Dienst bestehen zahlreiche Tarifverträge, die für Beschäftigte einen gewissen Bestandsschutz bei der Übernahme einer anderen Tätigkeit vorsehen oder vor betriebsbedingten Kündigungen schützen (beispielsweise wegen Personalabbau).

Da die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst auf der Grundlage eines privatrechtlichen Arbeitsvertrages beschäftigt werden, sind für Rechtsstreitigkeiten die Arbeitsgerichte zuständig. Gegen eine Kündigung kann sich der Arbeitnehmer im Wege der Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht wehren. Es können aber auch Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis – beispielsweise auf eine höhere Gehaltsgruppe wegen Erfüllung der tarifvertraglichen Eingruppierungsmerkmale – vor dem Arbeitsgericht verfolgt werden.

Für „Tarifkräfte" Tarifverhandlungen – für „Beamte" Besoldungsanpassungen

Auch im öffentlichen Dienst gibt es keine „automatischen Gehaltsanpassungen". Vielmehr muss auch im öffentlichen Dienst über die Gehälter immer wieder neu entschieden werden. Für die Tarifkräfte geschieht das – wie in den anderen Wirtschaftszweigen auch – in Verhandlungen der Gewerkschaften mit den öffentlichen Arbeitgebern mit dem Ergebnis eines neuen Gehaltstarifvertrages. Auf der Arbeitgeberseite werden die Verhandlungen von Bund und kommunalen Arbeitgebern, die an sich voneinander unabhängig sind, gemeinsam und von den Ländern (als Tarifgemeinschaft der Länder –TdL) eigenständig geführt. Die Verhandlungsgemeinschaft von Bund und kommunalen Arbeitgebern beruht auf freiwilliger Übereinkunft. Die Gewerkschaften können die Tarifkräfte zur Durchsetzung von Verhandlungszielen auch zum Streik aufrufen.

  

Zur Durchsetzung ihrer Forderungen im Rahmen von Tarifverhandlungen steht den Arbeitnehmern im öffentlichen Dienst wie denen in der Privatwirtschaft ein Streikrecht zu. Beamte dürfen sich nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht an Streiks beteiligen. Sie dürfen aber nicht auf Arbeitsplätzen streikender Arbeitnehmer als „Streikbrecher" eingesetzt werden. Arbeitsniederlegungen und Streiks müssen allerdings von den Gewerkschaften getragen sein und dürfen ausschließlich auf die Gestaltung von Arbeitsbedingungen gerichtet sein oder den Abschluss von Tarifverträgen zum Ziel haben. Der Streik ist das letzte Mittel zur Verständigung. Politische Streiks sind in Deutschland aber nicht zulässig.

Wenn die Verhandlungen zunächst nicht zum Erfolg führen, kann ein Schlichtungsverfahren eingeleitet werden, in dem eine Kommission aus Vertretern der Tarifpartner unter einem unparteiischen Vorsitzenden eine Einigungsempfehlung an die Tarifvertragsparteien ausarbeitet und beschließt. Die Empfehlung ist nicht bindend, verpflichtet aber die Tarifvertragsparteien, unverzüglich neue Verhandlungen aufzunehmen. Während des Schlichtungsverfahrens darf nicht gestreikt werden.

Gehaltstarifverträge sind für die Dauer ihrer vereinbarten Laufzeit für die beteiligten Arbeitgeber und Gewerkschaftsmitglieder bindend. In aller Regel werden sie auf der Grundlage der Arbeitsverträge auch auf nichtorganisierte Arbeitnehmer angewendet.

Die Grundsätze der Bezahlung von Angestellten finden sich im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) und dem Tarifvertrag der Länder (TV-L), die den Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den Manteltarifvertrag für Arbeiter (MTArb) abgelöst haben. Die Gehälter selbst sind in Lohn- und Vergütungstarifverträgen geregelt, die zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften ausgehandelt und unter Einhaltung bestimmter Fristen gekündigt werden können. Für herausgehobene Funktionen oberhalb der höchsten tariflichen Gehaltsgruppe werden individuelle Abreden getroffen (außertarifliche Tarifbeschäftigte).

  
  

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